„Mittendrin. Die berührende Krippenkunst der Schramberger Schule“
Ausstellung im Stadtmuseum eröffnet

Knapp 70 Interessierte kamen am Freitagabend laut Pressemitteilung ins Stadtmuseum im Schramberger Schloss, um gemeinsam die diesjährige Krippensaison zu eröffnen und sich vom Zauber der Krippenkunst der „Schramberger Schule“ einen ersten Eindruck zu verschaffen. Die Ausstellung ist über die ganze Weihnachtszeit bis zum 02. Februar 2026 zu sehen.
Schramberg. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr eröffnete mit einem Grußwort, bei dem sie den Mitwirkenden des Arbeitskreises Krippen Ferdinand Moosmann, Richard Marte, Thomas Rapp, David Kuhner und Walter Hartmann für ihren Einsatz bei den Vorbereitungen für die Dauerausstellung sowie die Mithilfe und Zuarbeit bei der diesjährigen Sonderschau dankte. Ebenso galt ihr Dank Familie Kaiser, Familie Scheller und Familie Grüner, sowie Familie Schneider die es mit ihren Krippen- und Figurenleihgaben ermöglichten den ersten Teil, der auf zwei Saisonen angelegten Ausstellung, prachtvoll mit bisher dato noch ungezeigten Exponaten auszustatten.
Auch der Förderverein Alte St. Laurentiuskirche in Sulgen steuerte eine wichtige Krippe von Georg Kaiser bei, das Museum im Ritterhaus, Offenburg die wichtigste Inspirationsquelle der Schramberger Schule Die Scheunenkrippe von Theodor Gämmerler. Oberbürgermeisterin Eisenlohr bedankte sich bei beiden Institutionen sowie beim eigenen Museumsteam.
Austausch der Krippenbauer
Die stellvertretende Leitung des Stadtmuseums und Kuratorin der Ausstellung Annette Hehr führte dann in die Geschichte der Krippenkunst der „Schramberger Schule“ ein. Zunächst verwies sie auf wichtige Inspirationsquellen und Ideengeber der lokalen Kunstform. Sie fasste zusammen, wie wichtig der rege Austausch und die wertschätzende Zusammenarbeit insbesondere zwischen den Krippenkünstlern der Städte Schramberg und Offenburg waren und bis heute sind.
Eine der zentralen Personen dabei war Karl Otto Schimpf (1891-1974) aus Offenburg, der während seines Studiums in München einige sehr wertvolle süddeutsche Krippensammlungen kennenlernte, wichtige Verbindungen in der Krippenszene knüpfte und sich selbst zum absoluten Kenner entwickelte. Er nahm die Inspiration und die Kontakte aus München mit in seine Heimatstadt Offenburg, als er dort den elterlichen Hotelbetrieb übernahm.
Einer der Jahrzehnte überdauernde Kontakte bestand zum Münchner Krippenkünstler Theodor Gämmerler (1889-1973), den Schimpf jährlich für den Krippenbau in Offenburg beschäftigte. Diese beiden Koryphäen waren es schließlich auch, die die Kunstform der „Schramberger Schule“ maßgeblich beeinflussten.
Vorläufer und Nachkommen
Hehr erläuterte, wie die Ausstellung aufgebaut sei, dass man zunächst einmal einen traditionellen Vorläufer des Schwarzwälder Krippenbaus, eine Stockwurzelkrippe, die bis ins 20. Jahrhundert üblich gewesen sei, sehen könne. Sie sei aus Naturmaterialien gefertigt und wäre häufig mit Papierfiguren bestückt gewesen. Papierfiguren, die entweder selbst gemalt, von Malern gekauft oder später auf Ausschneidebögen in Schreibwarengeschäften erstanden werden konnten.
In diesem Zusammenhang verwies sie auf die interaktive Kunstinstallation von Mark Finnern in der aktuellen Mitgliederausstellung von Podium Kunst, bei der Besuchende eine „Hartschierle“- Papierfigur mit philosophischer Nachricht erwerben können.
Gemeinsamkeiten
Zurück zum Thema der Sonderschau der „Schramberger Schule“ machte Annette Hehr das Publikum auf die wichtigsten Stilelemente der Kunstform aufmerksam: Es handele sich immer um eine abgeschlossen Kastenkrippe mit Front und Rahmen, die im Inneren architektonische Elemente aufweist, einen theaterartigen Aufbau hat und eine ganz gezielt eingesetzte, bühnenähnliche Beleuchtung.
Man habe bei der „Schramberger Schule“ immer das intime Gefühl „mitten im Geschehen“ zu sein – deshalb auch der Titel der Ausstellung – was einerseits durch die Inszenierung des „aufgeschnittenen“ Stalls erreicht werde. Andererseits auch gebe die Öffnung in der Rückwand des Stalls den Blick in die Weite, in eine Landschaft, auf Gebäude oder den nächtlichen Horizont frei. Dadurch dass man die Weite der Welt durch die Öffnung im Hintergrund sehen könne, verstärke sich automatisch das Gefühl der Intimität im Inneren.
Bedeutung der Figuren
Die Figuren der Schramberger Schule seien dabei plastisch, aus Gips, Holz oder Kunstharz gefertigt. Ihre eindrückliche Gestik und Mimik erweckten die Szenen zum Leben. „Georg Kaiser, der in der Forschung bisher eher im Schatten seines Cousins Max Scheller stand, ist einer der Figurenkünstler der ‚Schramberger Schule‘, den wir mit der der diesjährigen Ausstellung nun besonders würdigen wollen“, so Hehr.
Es entstanden Krippen mit seinen Figuren und Max Schellers Architektur. Ein weiteres Beispiel dafür, dass der Krippenbau in Schramberg häufig auch eine Familienangelegenheit war. Es bauten Brüder miteinander, Väter mit Söhnen, Onkel mit Neffen. Der Beitrag zur Schramberger Krippenkunst der weiblichen Familienmitglieder war oft das Kaschieren (also das Bemalen) der Figuren oder das Einkleiden der Gliederpuppen, was zum Beispiel Maria Kaiser für die Figuren ihres Mannes übernahm. In einer ganz besonderen Familienkrippe verewigte Georg Kaiser seine drei Kinder als Mägde und Knecht und seine Frau als Maria.
Annette Hehr fuhr fort: „Je weiter die Entwicklung der Schramberger Schule dann fortschreitet, umso reduzierter werden die Elemente der Architektur.“ Die beiden Ausnahmetalente Max und Ulrich Scheller seien dabei nicht wegzudenken. Insbesondere der Sohn Ulrich Scheller läutet dann stilistisch gesehen die zweite Generation der „Schramberger Schule“ ein bei der alle Stilelemente perfekt berücksichtigt sind und sich die Inszenierung auf das Wesentliche beschränkt.
Als Fazit beschreibt Hehr die Wirkung beim Betrachten der diesjährigen Ausstellung und deren Krippen wie folgt: „Es ist ein bisschen so als würde die Zeit stillstehen, als wäre man Zeuge eines außergewöhnlichen, vollkommenen Moments.“
Zum Abschluss: „Leise rieselt der Schnee“
Um diesen Moment fürs Publikum spürbar zu machen luden Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, Dekan Rüdiger Kocholl und Annette Hehr die Anwesenden zum gemeinsamen Singen des Weihnachtsliedes „Leise rieselt der Schnee“ ein. Eine stimmungsvolle Einleitung in einen schönen Eröffnungsabend.

In der aktuellen Sonderausstellung des Stadtmuseums werden neueste Erkenntnisse dieser Kunstform erläutert, ihre Vorläufer und Entwicklungsschritte beleuchtet. Die Schramberger Schule lässt sich stilistisch in drei Generationen oder Phasen aufteilen, die nicht zwingend zeitlich chronologisch zu verstehen sind. Die Ausstellung 2025/26 beleuchtet die Generation 1 und 2 mit der Würdigung bislang eher unbekannte Krippenkünstler. Die Ausstellung 2026/27 wird durch die Generation 3 der „Schramberger Schule“ eine Komplettschau.
Info: Die Ausstellung dauert bis zum 2. Februar 2026. Das Stadtmuseum Schramberg ist geöffnet Dienstag bis Samstag 13 bis 17 Uhr
Sonn- und Feiertag 11 bis 17 Uhr. Heiligabend, Silvester und Neujahr geschlossen. www.stadtmuseum-schramberg.de